Die Bakterien im Hausstaub machen den Unterschied – was macht den Bauernhofeffekt aus?
Allergische Erkrankungen sind in den letzten Dekaden durch die dramatisch gestiegene Zahl von Neuerkrankungen zu Volkskrankheiten geworden. Besonders in urbanen Ballungsräumen ist dieser Trend zu verzeichnen. Anders in ländlichen Regionen, in denen noch traditionell-bäuerlich gewirtschaftet wird. Die so genannten Bauernstudien belegen eindrucksvoll, dass Bauernkinder, die noch unmittelbaren Kontakt zu Nutztieren haben und nicht prozessierte Produkte dieser Tiere von Kindesbeinen an konsumieren vor allergischen Erkrankungen wie dem Asthma bronchiale geschützt sind. In einer jetzt veröffentlichten Untersuchung, die im Rahmen der Europa-weiten Langzeitstudie PASTURE/LUKAS-Studie federführend in Finnland durchgeführt wurde, konnten die zugrundeliegenden Zusammenhänge nun weiter aufgeschlüsselt werden. Unter Beteiligung der Biobank Marburg hat das Studienteam nun im renommierten Fachblatt „Nature Medicine“ berichtet, dass der mikrobiellen Zusammensetzung der Innenraumluft in den Wohnungen der Kinder eine entscheidende Rolle beim Schutz gegen Asthma zukommt. Das Team um Juha Pekkanen aus Kuopio/Finnland untersuchte zusammen mit anderen europäischen Kollegen Bauern und Nichtbauernkinder auf Allergien und Asthma und entnahm Haustaubproben aus dem Wohnbereich dieser Kinder. Die Untersuchung der mikrobiellen Zusammensetzung des Hausstaubs belegte, dass die Zusammensetzung und die Vielfalt der im Hausstaub enthaltenen Bakterien und Pilzsporen signifikant zum Asthmaschutz beitragen. Je ähnlicher die Zusammensetzung der so genannten Hausstaubmikrobiota der des Bauernhausstaubs ist, desto größer ist der kindliche Schutz vor Asthma. Auch Kinder, die nicht auf Bauernhäfen aufwachsen, genießen einen Schutz vor Asthma, wenn die Innenraumluft eine bauernhofähnliche Hausstaubmikrobiota aufweist. Daten der deutschen Gabriela-Studie, die ähnlich konzipiert war wie die PASTURE/LUKAS-Studie, bestätigten diese Befunde. Ergänzt wurden diese Befunde durch Untersuchungen, die in Marburg durchgeführt worden. Hier wurden in Blutproben der Studienkinder Zytokine bestimmt. Diese von Immunzellen nach Kontakt mit Umweltfaktoren gebildeten Botenstoffe können entweder entzündliche oder anti-entzündliche Wirkung entfalten. Im Blut der Kinder, die zuhause den Asthma-protektiven Hausstaub einatmeten, fanden sich signifikant weniger entzündungsvermittelnde Zytokine als im Blut der restlichen Kinder. Die Untersuchung unterstreicht die Hypothese, dass der frühkindliche und anhaltende Kontakt mit einer vielfältigen bakteriellen Umwelt die Entwicklung eines ausgewogenen Immunsystems begünstigt und überschießende Reaktionen der immunologischen Abwehr verhindern kann. Bakterielle Komponenten aus der natürlichen Umgebung rücken damit in den Fokus der Prävention von allergischen wie auch Autoimmunerkrankungen und könnten in Zukunft neue klinisch einsetzbare Möglichkeiten der Verhinderung von chronisch-entzündlichen Erkrankungen bieten.
Farm-like indoor microbiota in non-farm homes protects children from asthma development. Kirjavainen PV, Karvonen AM, Adams RI, Täubel M, Roponen M, Tuoresmäki P, Loss G, Jayaprakash B, Depner M, Ege MJ, Renz H, Pfefferle PI, Schaub B, Lauener R, Hyvärinen A, Knight R, Heederik DJJ, von Mutius E, Pekkanen J. Nat Med. 2019 Jun 17. doi: 10.1038/s41591-019-0469-4.